BIOMIN: Funktionalisierte Mineraloberflächen: Sorptionsmechanismen von wachstumsstimulierenden Proteinen an Oberflächen von Knochenersatzwerkstoffen auf Calciumphosphatbasis

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BIOMIN

BIOMIN: Funktionalisierte Mineraloberflächen: Sorptionsmechanismen von wachstumsstimulierenden Proteinen an Oberflächen von Knochenersatzwerkstoffen auf Calciumphosphatbasis

01.07.2008 bis 29.02.2012

Prof. Dr. Horst Fischer

RWTH Aachen, Institut für Gesteinshüttenkunde
Mauerstraße 5
52064 Aachen

Sonderprogramm GEOTECHNOLOGIEN

Mineraloberflächen: Von atomaren Prozessen zur Geotechnik

Im Bereich der Biomaterialien, d. h. Materialien, die für den Einsatz in medizinischen Prothesen und Implantaten verwendet werden, fokussieren sich die ungelösten Problemstellungen zunehmend auf das Interface zwischen Werkstoffoberfläche und biologischer Umgebung. Dies betrifft insbesondere die Knochersatzwerkstoffe und hierbei aufgrund des natürlichen Vorbildes (humaner Knochen) die Calciumphosphat-basierten Mineralstoffe (CaP). Mineralstoffe auf CaP-Basis sind in vivo bioaktiv und degradierbar. Die Strategie beim Einsatz von Knochenersatzimplantaten aus Calciumphosphaten für Hartgewebedefekte ist daher, dass diese Werkstoffe langsam vom Körper abgebaut und sukzessive durch neues Eigengewebe ersetzt werden.

Bei größeren Knochendefekten reicht die natürliche Bioaktivität der Calciumphosphate jedoch in der Regel nicht aus, das Knochenwachstum so stark anzuregen, dass der komplette Defekt nach Abbau des synthetischen Ersatzmaterials durch natives Hartgewebe geschlossen werden kann. Es ist bekannt, dass das Knochenwachstum durch sogenannte knochenmorphogene Proteine (Bone Morphogenetic Proteins, BMP) deutlich angeregt werden kann. Solche Proteine werden bei der natürlichen Knochenbildung vom Körper selbst produziert, können mittlerweile aber auch synthetisch hergestellt werden. Aus diesem Grund versuchen verschiedene Forschergruppen seit einiger Zeit, durch die Ankopplung synthetisch hergestellter knochenmorphogener Proteine Calciumphosphatoberflächen im Hinblick auf eine zusätzliche Bioaktivierung gezielt zu funktionalisieren.

Der genaue Kopplungsmechanismus und vor allem die Desorptionskinetik von BMP an Mineraloberflächen ist jedoch noch weitgehend unverstanden. Dieses Verständnis ist jedoch Grundvoraussetzung dafür, dass Calciumphosphat-basierte Knochenersatzimplantate dergestalt funktionalisiert werden können, dass der Prozess der Degradation des Ersatzmaterials und der des Neuaufbaus des vitalen Hartgewebes optimal aufeinander abgestimmt in vivo ablaufen können. Die diesbezüglich erforderlichen Erkenntnisse sollen im vorliegenden Projekt durch ein skalenübergreifendes Konzept von der numerischen Simulation der Prozesse bis hin zur Verifikation im klinischen Versuch erarbeitet werden.

Das Gesamtvorhaben gliedert sich in vier Teilprojekte. An der RWTH Aachen werden neuartige, maßgeschneiderte bioaktive CaP-Bioglas-Verbundwerkstoffe synthetisiert. Auf verschiedenen Größenskalen werden die neuen Biowerkstoffe umfassend charakterisiert. Wichtige Analysetechniken sind hierbei die Raster- (REM) und die Transmissions-Elektronenmikroskopie (TEM), die Röntgendiffraktometrie (XRD) sowie die Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS). An der TU Dresden und dem Forschungszentrum Dresden-Rossendorf werden begleitend skalenübergreifende Modellrechnungen durchgeführt, die von der 'first-principles'-Theorie bis zu kontinuumstheoretischen Ansätzen reichen. Bei der Entschlüsselung der Reaktionskinetik an der Grenzfläche ist die Dichtefunktionaltheorie (DFT) ein hilfreiches numerisches Werkzeug. Mit Hilfe der DFT wird es möglich sein, auf der Basis der quantenmechanisch berechneten Elektronendichte grundlegende Eigenschaften wie z. B. die Bindungsstärke an der Grenzfläche Protein-Mineral zu berechnen. Die Synthese von rekombinantem humanem knochenmorphogenem Protein 2 (rhBMP-2) wird am Universitätsklinikum Essen durchgeführt. Außerdem erfolgt dort die gezielte Ankopplung der Proteine an die in Aachen hergestellten Verbund-Biowerkstoffe mittels verschiedener Prozesstechniken. Die Erkenntnisse sollen schließlich in einer tierexperimentellen Evaluation in der Unfallchirurgischen Abteilung des Knappschaftskrankenhauses Bochum-Langendreer der Universität Bochum verifiziert werden. Mittels licht- und transmissionselektronenmikroskopischer Untersuchungen werden Einwachs- und Degradationsverhalten der Knochenersatzimplantate analysiert. Histomorphometrische Verfahren werden zudem Aufschluss über die Regenerationskinetik liefern.